ZOPPOT ZU JOHN FALTINS ZEITEN

Die Jahre der fotografischen Aktivität John Faltins fallen in die Zeit der intensiven Entwicklung Zoppots. Faltins Fotos bilden eine gewisse Dokumentation der in Stadt stattfindenden Veränderungen, die nicht nur die wichtigsten Gebäude und Straßen, sondern auch Panoramaaufnahmen präsentiert, wodurch man die räumliche Entwicklung Zoppots verfolgen kann. Obwohl die ersten schriftlichen Erwähnungen Zoppots bereits aus dem 12. Jh. stammen und seit Mitte des 14. Jh. Danziger Patrizier anfingen, hiesige Grundstücke von den Zisterziensern aus Oliva zu pachten und darauf ihre Sommerresidenzen zu bauen, trug erst die Entstehung einer Badeanstalt mit Kurbetrieb in Zoppot im 19. Jh. entscheidend zur Blüte und zum Wachstum der Stadt bei.

Plan Sopotu, wydany przez Pharus Verlag, 1909 r., zbiory Muzeum Sopotu

Zu den wesentlichen Ereignissen zählten die Inbetriebnahme der Bahnlinie zwischen Danzig und Köslin im Jahre 1870 und später, in den 1890er-Jahren, der Nahverkehr-Bahn von Danzig nach Zoppot. Das Bahnhofsgebäude aus Backstein, die Gepäckaufbewahrung, der Bahnwasserturm und der heutige Bahnsteig 1. entstanden in den Jahren 1868 bis 1870. Später wurden ein zweites Gleis und Anfang des 20. Jh. ein moderner Bahnsteig gebaut.

Die Hauptverkehrsadern Zoppots waren die heutigen Niepodległości-Allee (Danziger Straße), die von Danzig nach Berlin führte, und die Bohaterów-Monte-Cassino-Straße (damals Seestraße), deren Abschluss der Seesteg bildete. In seiner Nähe befanden sich die wichtigsten Gebäude für den Kurbetrieb: Kurhaus, Warmbad und die Strandbad-Betriebe. Das Unterdorf mit seinen Wiesen wurde kontinuierlich bebaut. Es entstanden die heutigen Straßen Jana-Winieckiego (Benzlerstraße), Jana-Sobieskiego (Haffnerstraße) und Alfonsa-Chmielewskiego (Eichendorffstraße). Zu weiteren wichtigen Straßen wurden die jetzigen Powstańców-Warszawy (Nordstraße), Grunwaldzka (Südstraße), Jana-Jerzego-Haffnera (Wilhelmstraße), Fryderyka-Chopina (Eissenhardtstraße), 3-Maja (Frantziusstraße) und Tadeusza-Kościuszki (Schulstraße). Noch in den 1880er-Jahren war die Bebauung Zoppots ziemlich bescheiden und niedrig. Einzige Ausnahme war die heutige Obrońców-Westerplatte-Straße (Rickertstraße), in der die wohlhabenden Danziger ihre Villen bauten. Mit jedem weiteren Jahr verdichtete sich das Straßennetz, es entstanden Einfamilienhäuser, Pensionen und Hotels.

1877 kaufte die Gemeinde die Gebäude des Kurbetriebes von den Erben der Familie Böttcher ab. In den Jahren 1880–1881 entstand das Zweite Kurhaus nach dem Entwurf des Berliner Architekten Prof. Carl Schwatlo. Das mit der Front zur Ostsee gerichtete Gebäude hatte eine Fachwerkkonstruktion. Den Hauptbau mit Restaurant, Ballsaal und Leseraum krönten zwei Türme, und auf den Seiten befanden sich zwei symmetrische Seitenflügel mit Hotelzimmern. Vor dem Gebäude entstand ein repräsentativer Kurplatz, umgeben von hölzernen Wandelhallen, die zum Seesteg führten.

Im Jahre 1887 entstand südlich vom Seesteg in Strandnähe ein Kindersanatorium, gestiftet von Luise Abegg. Dieses Gebäude wurde vom Baumeister Nienburg im Stil der Neugotik errichtet. Im Jahre 1900 verfügte das Sanatorium über 100 Betten für Patienten im Alter von 4 bis 17 Jahren, die überwiegend an Tuberkulose litten.

Seit den 1890er-Jahren kann man schon von einem regelrechten Bauboom sprechen. Es entstanden mehrgeschossige Mietshäuser und herrliche Ein- und Mehrfamilienvillen. Prachtvolle Villen errichteteman damals in der Nähe der heutigen Straßen Tadeusza-Kościuszki (Schulstraße) und Dębowa (Johannesstraße). Am heutigen Konstytucji-3-Maja-Platz entstand ein neuer Marktplatz. Besonders bekannt waren damals die Architekten Carl Kupperschmitt, Wilhelm Werner, Felix Dost, Walter Schulz und Wilhelm Lippke, der das Warenhaus der Familie Fast und die Häuser an der heutigen Bohaterów-Monte-Cassino-Str. (Hausnummer 19, 31, 33–39) entwarf. Dank der Trockenlegung des Grabens um Schwedenhof konnte die heutige Władysława-Jagiełły-Str. (Schwedenhofstraße) entstehen und die Nordseite der heutigen Tadeusza-Kościuszki-Str. (Schulstraße) bebaut werden.

Gegen Ende des 19. Jh. funktionierten in Zoppot einige Hotels: Kaiserhof, Hotel Victoria und Petersburger Hof. 1897 wurde an der Ecke der heutigen Straßen Bohaterów-Monte-Cassino (Seestraße) und Grunwaldzka (Südstraße) das Hotel Werminghoff gebaut, entworfen von Wilhelm Lippke für den bekannten Zoppoter Unternehmer Hugo Werminghoff.

Ein Ereignis, das zu außergewöhnlicher Weiterentwicklung Zoppots betrug, war die feierliche Verleihung der Stadtrechte am 1. April 1902. Erster Bürgemeister wurde der aus Berlin stammende Volkmar von Wurmb. Paul Puchmüller, der vorher als Gemeindebaumeister tätig war, wurde Stadtarchitekt. Er ist es auch, der als Schöpfer der städtebaulichen Grundform der Stadt gilt. Puchmüller beaufsichtigte den Bau, entwarf oder war mitbeteiligt am Projekt der wichtigsten Gebäude Zoppots.

Als Sitz der Stadtverwaltung wählte man die Villa an der heutigen Tadeusza-Kościuszki-Str. (Schulstraße) die bereits im Jahre 1900 von der Familie Fewson abgekauft wurde. Nach acht Jahren erwies sich dieses Gebäude als zu klein und an seiner Stelle entstand ein neues, prunkvolles Rathaus.

Jedoch die erste große Investition der jungen Stadt war der Bau eines modernen Warmbades in den Jahren 1903–1904. Autor des Projekts war Paul Puchmüller und mitbeteiligt war Heinrich Dunkel. Das Gebäude mit dem charakteristischen hohen Schornstein knüpft an die Architektur der Renaissance und des Barocks an und weist auch Jugendstil-Elemente auf. Zur selben Zeit entwarf der Stadtarchitekt das Nordbad und 1907 auch das Südbad.

Im Jahr 1908 schrieb die Stadt ein Wettbewerb für den Bau eines neuen Kurhauses aus, infolgedessen der Professor der Technischen Hochschule zu Danzig, Carl Weber gewählt wurde. Beim Endentwurf unterstützten ihn Paul Puchmüller und Adolf Bielefeldt. Das Dritte Kurhaus bestand aus einem Gebäudekomplex um den Kurplatz. Das Hauptgebäude, parallel zum Strand, beherbergte die repräsentativen Räume – Theater und Konzertsaal, den sog. Roten Saal, Leserraum, Billardzimmer, Café, Wirtschaftsräume und Restaurant mit großen Terrassen zum Kurplatz hin. Im Nordflügel befand sich ein Hotel. Der Kurplatz selbst wurde von neuen gemauerten Wandelhallen umgeben.

Zur selben Zeit wurde an der Ecke der jetzigen Straßen Bohaterów-Monte-Cassino (Seestraße) und Królowej-Jadwigi (Viktoriastraße) das von Wilhelm Werner entworfene Hotel Metropol gebaut.

Anfang des 20. Jh. entstanden in Zoppot auch zwei neue Kirchen. Die erste von ihnen war die damals evangelische Erlöserkirche, die nach dem Zweiten Weltkrieg zur römisch-katholischen Garnisonskirche St. Georg wurde. Sie entstand an einem der repräsentativsten Plätze anstelle der ehemaligen Gärten um den Schwedenhof. Der Bau wurde von Kaiser Wilhelm II., seiner Gemahlin Auguste Viktoria und den Bürgern der Stadt finanziert. Der Berliner Architekt Ludwig von Tiedemann, Autor vieler sakraler Objekte, entwarf dieses Gotteshaus im Stil der Neugotik. Im Jahre 1911 erbaute man hinter dem Rathaus die römisch-katholische Kirche Maria Meerestern. Stella Maris. Auch diese Kirche wurde im Stil der Neugotik entworfen.

Eine weitere wichtige Investition war der Bau des Tunnels unter der Bahnlinie und der Eisenbahnbrücke an der neuentstandenen Straße, der Großen Unterführung (heute Podjazd Str.). Sie soll die Hauptverbindungsstraße zwischen der Ober- und Unterstadt sein, die seit vielen Jahren durch die Bahnlinie voneinander getrennt waren.

Die junge Stadt legte auch Wert auf die Entwicklung des Schulwesens. In den ersten zehn Jahren des 20. Jh. erweiterte man das „alte Gymnasium” an der heutigen Tadeusza-Kościuszki-Str. (Schulstraße), baute eine Elementarschule an der jetzigen Wejhe-rowska-Str. und eine Mädchenschule an der heutigen Niepodległości-Allee (Danziger Straße).
Am wichtigsten war jedoch der Bau des Realgymnasiums. Der von Paul Puchmüller entworfene neubarocke Bau wurde in der Oberstadt an der heutigen Armii-Krajowej-Str. errichtet. Diese renommierte Schule sollte ihre Lehrlinge auf die Weiterbildung für den Staatsdienst oder das Studium an technischen Hochschulen vorbereiten. Unweit der Schule entstand auch eine neue Feuerwehrwache mit hohem Turm, der zum Trocknen der Löschschläuche diente.

Die Lokalisierung dieser Objekte im oberen Teil der Stadt resultierte aus der Expansion der Bebauung in die den Zoppoter Wäldern und Tälern näher liegenden Gebiete. Ein Beispiel für eine Straße, die die natürlichen Vorzüge der Natur nutzte, ist die durch das Schäfertal verlaufende heutige Wybickiego-Straße (Schäferstraße).
Neben dem Wohnungsbau bemühte sich die Stadtverwaltung, die Attraktivität der Stadt durch den Bau neuer Freizeit- und Erholungsanlagen zu steigern. Im Jahre 1897, unweit des Nordparks an der heutigen Powstańców-Warszawy-Str. (Königsstraße), entstanden Tennisplätze und ein Jahr später eine Pferderennbahn in der Nähe des Herrensitzes Karlikau. 1908 entstand die erste Rodelbahn im Prontkental und 1909 errichtete man die Waldoper.

Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges sank die Zahl der Kurgäste und die Stadtentwicklung stagnierte.

Justyna Gibbs